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Bericht von Christel Michaelis, Dipl. Pädagogin

Über die Jugendarbeit in der Gemeinde in den 1980er Jahren auf der Basis eines Interviews vom 13. August 2012

Frau Michaelis kam 1979 in die Gemeinde mit der Idee, dort eine offene Jugendarbeit aufzubauen, die sich an alle Jugendliche richtete, die im Umfeld wohnten. Sie legte die drei Standorte, die sie in der Jugendarbeit der Markusgemeinde vorfand – die Jugendetage in der Liliencronstraße, den Jugendkeller in der Gravelottestraße und den Jugendkeller im Gemeindehaus – zu einem Treffpunkt in der Liliencronstraße zusammen. Sie beschrieb die Situation und ihre Tätigkeit rückblickend in einem Interview im Jahr 2012 folgendermaßen:

Jahrelang hatten wir bis auf Mittwoch jeden Abend in der Woche ein offenes Haus, unter Jugendlichen bekannt als die „offenen Abende”. Die Jugendlichen kamen, haben Freunde getroffen und gefunden. Sie konnten über Probleme reden, quatschen, streiten, kickern, Tischtennis spielen …– wie es so ist im Rahmen der offenen Arbeit. Es gab Tee und regelmäßig wurde gekocht. Diese Atmosphäre half den Jugendlichen, sich heimisch zu fühlen und zugleich Verantwortung für das Miteinander zu übernehmen. Es war eine Unterstützung im Erwachsenwerden. So gelang es, auch Jugendlichen, die nicht so ganz einfach waren, einen Halt zu geben.

Neben den „offenen Abenden” gab es immer auch Angebote, wie z.B. Theater-, Mädchen-, Foto- und Basketballgruppe. Und fast jeden Samstag war Fete. Da waren manchmal 80 bis 100 Leute in der Jugendetage, oben im dritten Stock. Es war auch laut und gab oft Beschwerden. Aber für die Jugendlichen war es unglaublich wichtig. Und wir haben damit Jugendliche erreicht, die sonst nicht gekommen wären. Sie haben gesehen: da sind nette Leute und da können wir selbst gestalten. Statt eines Gemeindejugendrates hatten wir „Vollversammlungen”, die zusammen mit den ehrenamtlichen jugendlichen Teamern vorbereitet wurden.

Die Friedensarbeit war besonders in der Anfangszeit sehr wichtig: Wir hatten ja eine starke Friedensbewegung und einen Friedensladen in der Gemeinde. Mehrfach sind wir mit den Jugendlichen Pfingsten nach Beienrode ins Friedenslager gefahren. Und wir waren  mit einigen Jugendlichen bei der riesigen Friedensdemo in Bonn. Während einer der Friedenswochen fand ein Friedensfasten im Gemeindehaus statt. Da haben wir mit den Jugendlichen mitgemacht: ein Wochenende lang nicht gegessen, viel diskutiert, gesungen und dort auf Matratzen geschlafen. Auch bei den Kirchentagen waren wir regelmäßig dabei.

Mehrmals im Jahr haben wir Wochenendfreizeiten in Schwanenwerder oder Albrechtsteerofen durchgeführt. Das lag ja am letzten Zipfel von West-Berlin, bei Dreilinden. Diese Wochenenden waren sehr wichtig für die Gemeinschaft. Wir hatten dort meistens ein Thema, aber die Hauptsache war eigentlich das Miteinander-Leben dort, das zusammen Einkaufen, Kochen, Übernachten – ein Stück Alltag zusammen zu erleben.

In den Sommerferien fand jedes Jahr eine große Reise statt – zuerst Zeltlager, dann Fahrradtouren und schließlich mehrere Segeltouren in Holland.

Ich war in den letzten Jahren meiner Tätigkeit in der Markusgemeinde auch am Konfirmandenunterricht beteiligt. Wir hatten eine interdisziplinäre Besetzung, das heißt neben den Pfarrern habe ich dort auch als Pädagogin mitgearbeitet ebenso wie Religionslehrer und Katecheten vom Immenweg. Ich war dann immer bei den Konfirmanden-Fahrten mit dabei. Jedes Jahr im September gab es ein Wochenende mit Teamern und Ex-Konfis in Albrechts-teerofen. Darüber ist es uns gelungen, Jugendliche zu gewinnen.

Etwas ganz Besonderes waren unsere jährlichen Langlauf-Skireisen nach Ödschönlind. Fast alle Jugendlichen, die zum Stamm gehörten, so etwa 20-25, kamen mit. Es war ein unglaubliches Erlebnis – diese drei, vier Tage. Das Skifahren war für alle – auch für die weniger Sportlichen – ein großer Spaß, Abenteuer und Gemeinschaftserlebnis.

Ziel und Aufgabe unserer Jugendarbeit war es, das Selbstbewusstsein der Jugendlichen zu stärken und wichtige Erfahrungen zu ermöglichen, wie z.B. Selbstbestimmung, Verantwortung und Gemeinschaft. Für viele Jugendliche ist es auch gelungen, ein Gefühl der Zugehörigkeit zur Markusgemeinde und zur Kirche herzustellen.

Christel Michaelis
Christel Michaelis