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Zeitungsbericht über die Verhaftung von Pfarrer Großmann

aus dem Steglitzer Anzeiger, Anfang Juli 1933

Am Sonntag, den 2. Juli 1933 waren in der Markuskirche SA-Männer mit ihrer Fahne in der Erwartung eines Dankgottesdienstes aufmarschiert. Pfarrer Großmann war dem oppositionellen Aufruf der preußischen Generalsuperintendenten gefolgt und dankte trotz der bedrohlichen Anwesenheit der SA in seiner Predigt ausdrücklich nicht für die kirchliche Neuordnung durch die Deutschen Christen. Am Tag nach dem Erscheinen des unten zitierten Artikels druckte der Steglitzer Anzeiger eine Stellungnahme der deutschchristlichen Beiräte der Steglitzer Gemeinde ab. Nach deren Darstellung soll die gesamte SA und ein Teil der Gemeinde die Kirche verlassen haben, als Pfarrer Großmann in seiner Predigt den Begriff „Gotteslästerung“ erwähnt habe. Die beiden Beiräte beschönigten die Verhaftung von Pfarrer Großmann als „Schutzhaft“, die angesichts der erregten Menge in seinem eigenen Interesse gewesen sei. Tatsächlich war darunter aber eine von den Nationalsozialisten eingeführte willkürliche Form der Verhaftung zu verstehen, die für die Betroffenen Folter und sogar Tod bedeuten konnte.

Der Steglitzer Anzeiger berichtete Anfang Juli 1933 wie folgt über die Verhaftung und Freilassung von Pfarrer Großmann:

Pfarrer Großmann auf freiem Fuß
Wie uns zu dem Vorfall um Pfarrer Großmann von kirchlicher Seite mitgeteilt wird, ist der Geistliche, der, wie berichtet, nach der Sonntagspredigt in Schutzhaft genommen worden war, bereits wenige Stunden danach, um 4 Uhr nachmittags, wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Der geschäftsführende Pfarrer Wendland hat sich in dieser Angelegenheit in einem Telegramm unmittelbar an den Reichspräsidenten gewandt.

Zu der uns mitgeteilten und gestern veröffentlichten Darstellung gibt der bisherige Leiter des Kirchenkreises Kölln-Land I, zu dem auch Steglitz gehört, Superintendent Diestel* folgende Erklärung: „Herr Pfarrer Großmann befand sich in der Sakristei der Markuskirche und war im Begriff, die an den Gottesdienst anschließende Feier des heiligen Abendmahls zu halten, als ihm mitgeteilt wurde, daß er in Schutzhaft genommen werden solle. Er verließ sofort die Sakristei und ging durch das Haus in seine Wohnung, die an die Kirchenräume anschließt. Ihn gegen eine angeblich erregte Menge zu schützen, hätte kein Anlaß vorgelegen, weil Pfarrer Großmann gar nicht bedroht gewesen sei.“

Auch in mehreren an uns gerichteten Zuschriften von Teilnehmern an jenem Gottesdienst wird bestritten, daß „erregte Gruppen“ gegen Pfarrer Großmann eine „drohende Haltung“ eingenommen hätten. Die Predigt habe der Geistliche – zum ersten Male in 41jähriger Dienstzeit – vom Manuskript abgelesen, weil er, wie er auch ausdrücklich erklärt habe, für jedes Wort die Verantwortung übernehmen und jeden Irrtum ausschalten wollte. So sei das Wort „Gotteslästerung“ auch nur in dem Zusammenhange gefallen, daß Pfarrer Großmann behauptete, im Rundfunk sei den Generalsuperintendenten geradezu Gotteslästerung vorgeworfen worden. Die zu erwartende amtliche Untersuchung dürfte den Fall baldigst endgültig klären.

* Superintendent Max Diestel wirkte in der innerkirchlichen Opposition mit und war später ein entschiedenes Mitglied der Bekennenden Kirche. Anfang Juli 1933 war er von den deutschchristlichen Kirchenbehörden seines Amtes als Superintendent für kurze Zeit enthoben worden.

 

Fundort der Quelle: Archiv der Markus Kirchengemeinde Steglitz im ELAB, Akte 80.
Artikel zur Verhaftung von Pfarrer Großmann aus dem Steglitzer Anzeiger, Anfang Juli 1933
Artikel zur Verhaftung von Pfarrer Großmann aus dem Steglitzer Anzeiger, Anfang Juli 1933