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Pfarrer Wendland über die Markuskirche

Pfarrer Traugott Wendland schrieb anlässlich ihrer Einweihung im „Kirchlichen
Familienblatt für die evangelische Gemeinde Steglitz“ am 28. April 1912 einen Beitrag über „Die  Markuskirche“. Wortreich und polemisch formulierte er darin, was eine evangelische Kirche als Predigtkirche von katholischen Kirchen unterscheidet:

Der katholische Christ baut der Majestät seines Gottkönigs und ihrem prunkenden, prangenden Priesterhofstaat ragende, erhabene Audienzhallen, in denen der Einzelne mit Furcht und zitternder Scheu dem Hüter der Gnadenschätze in den Staub gebeugt sich naht. Wir Evangelischen suchen in unserem Gotteshause das Vaterhaus, traulich und heimelig, dabei von ruhiger, schlichter Erhabenheit, eine Stätte, da die feiernde Gemeinde als die Schar der Gotteskinder um des Vaters Wort sich sammelt und in des Vaters Sinn sich senkt. Rom muß für seine vielgestaltigen Kultushandlungen Kirchengebäude schaffen, die vielgestaltige Kultusräume vereinigen. Die evangelische Gemeinde bedarf eines einheitlichen Raumes, der von jedem Platze aus die Teilnahme mit Auge und Ohr an dem, was auf der Kanzel und am Altar vorgeht, gestattet. Dort das Priestertum, hier die Gemeinde!

Von diesem Gesichtspunkte aus ist auch unsere Markuskirche zu verstehen und zu beurteilen. Ihre Gestaltung verdankt sie dem Streben der Architekten, ein wirklich evangelisches Gotteshaus zu schaffen, das die Gemeinde in gottesdienstlicher Feier bei Wort und Sakrament vereinigt und jedem Gemeindemitgliede ermöglicht, von jedem Platze aus ungestört durch Pfeiler und Stützen, die den Blick zur Kanzel und zum Altar verdecken, dem Gange des Gottesdienstes zu folgen… Wir haben… ein breit angelegtes Rechteck, das sofort jedem Eintretenden den Eindruck des Freien, Lichten und Uebersichtlichen macht...

„Und nun sagen Sie mir noch, Herr Pfarrer, was ist denn das eigentlich für ein Stil, in dem die Markuskirche erbaut ist? Wie oft ist wohl diese Frage während des Kirchbaues an uns gerichtet worden. „Stil? In welchem Stil? In ihrem eigenen, verehrter Fragesteller! … Eine evangelische Kirche bedarf keines „Stiles“. Jede schlichte Bauform, die der wahrhaftige Ausdruck ihres Gedankens ist, kann für sie verwendet werden. Je natürlicher sie ist, je mehr sie aus ihm erwächst, desto besser ist sie. Und ist der Gedanke des evangelischen Gotteshauses wahrhaft lebendig, dann ist er auch mächtig, sich seine dem jedesmaligen Bedürfnisse entsprechende Form zu schaffen. Doch wie der größte Teil unserer evangelischen Glaubensgenossen in Sachen der äußeren Organisation unserer Kirche immer nach Rom schielt und Rom insgeheim zum Muster nimmt, so tut er es auch hinsichtlich der Bauformen unserer Kirchengebäude. Nur echt evangelisches Bewußtsein bildet sich seine eigenen Daseinsformen, seinen eigenen, aus ihm geborenen, ihm natürlichen „Stil.