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Stellungnahme des Synodalen Pfarrer Niemöller zum Beschluss des Synode

aus den Dokumenten der 3. Bekenntnissynode der altpreußischen Union

Pfarrer Martin Niemöller (1892-1984) war im September 1933 einer der Mitgründer des Pfarrernotbundes gewesen. Dieser hatte sich gegründet, um die Einführung des „Arierparagraphen“ in die Kirche, wie die deutsch-christlich dominierte Generalsynode der Preußischen Landeskirche sie beschlossen hatte, zu verhindern. Der Bund sprach sich dem Evangelium entsprechend dafür aus, dass Christen jüdischer Herkunft gleichberechtigte Christen und daher auch für das Pfarramt berechtigt seien. Für Niemöller blieb der Beschluss der Synode vom 26. September 1935 hinter den Positionen des Pfarrernotbundes zurück. Mit folgendem Redebeitrag machte er am selben Tag auf der Synode deutlich, dass der Beschluss für ihn nicht einmal ein notdürftiges Minimum in der Frage darstellte, wie sich die Bekennende Kirche zu den Christen jüdischer Herkunft verhalten sollte:

Ich muss auch hierzu jetzt noch einmal ein Wort sagen, und zwar deshalb, weil ich Wert darauf lege, daß in dem Protokoll dieser Synode auch von mir aus steht, daß mir jedenfalls dieser Beschluß – dem ich zustimme, allerdings nicht als einem ausreichenden, sondern einem nur sehr notdürftigen oder weniger als notdürftigen Minimum – daß mir dieser Beschluß in keiner Weise genügen kann. Liebe Brüder, der Pfarrernotbund hat dafür gerade gestanden. Ich bin dafür ein Jahr lang pensioniert gewesen, weil ich erklärt habe, daß getaufte Juden in der Kirche vollberechtigte Glieder der Gemeinde, auch mit der Fähigkeit zum Pfarramte sind. Der Pfarrernotbund hat sich im Jahr 1933 auf diesen Boden gestellt. Was wir hier sagen, und was wir hier an biblischen Konsequenzen von der Taufe aussagen, reicht nicht einmal an das heran, wofür über 9000 Pfarrer im deutschen Vaterlande seit zweieinhalb Jahren ihren Kopf hingehalten haben, … Daß wir bloß nicht nach Hause gehen und sagen: „Jetzt sind wir um die Klippe herumgekommen!“ Wir kommen in der Gemeinde, in der Frauenhilfe, in der Bibelstunde, im Handel und Wandel mit unseren getauften christlichen Brüdern, die nach dem Fleische Juden oder Halbjuden sind, nicht daran vorbei, die Konsequenz der Taufe zu ziehen, wie sie Galater 3 steht: „Ihr seid alle Gottes Kinder durch den Glauben an Christum Jesum . Denn wieviel euer auf Christum getauft sind, die haben Christum angezogen. Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib; denn ihr seid allzumal einer in Christo Jesu.“ Es kommt darauf an, ob und wieweit wir als Kirche und Gemeinde Jesu Christi jetzt in der Zeit der Verfolgung der Kirche daraus die Konsequenzen zu ziehen bereit sind und uns nicht darauf beschränken, einen kalten Grundsatz aufzustellen: „Juden werden getauft“; aber was nachher daraus wird, darüber ist hier nichts ausgesagt. Das drückt mich, liebe Brüder, und von diesem Drucke möchte ich, daß er Ihnen allen auf dem Herzen brennt, bis wir das Wort haben, das hier geredet werden muß, der christlichen Brüderlichkeit. …

Zitiert aus: Wilhelm Niemöller (Hrsg.): Die Synode zu Steglitz, Die dritte Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union, Geschichte – Dokumente – Berichte, Göttingen 1970, S. 302.