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Pfarrer Friedrich Gülzow über die Jugendarbeit ab 1977

Bericht auf der Basis eines Interviews vom 29.8.2011

Als Pfarrer Gülzow 1977 zur Markusgemeinde kam, war er mit einer halben Stelle für den Religionsunterricht am damaligen Mittelstufenzentrum Immenweg und einer halben Stelle für die Arbeit in der Gemeinde zuständig. In einem Interview im Jahr 2011 berichtete er über seine Tätigkeit von Ende der 1970er bis Ende der 1980er Jahre:

Meine Hauptfrage war eigentlich, wie kriegt eine Gemeinde Zugang zu Jugendlichen aus einfachen sozialen Verhältnissen?

Im Mittelstufenzentrum Immenweg, einem Sammelpunkt schwieriger Schüler aus ganz Berlin, gab ich Religionsunterricht. Zusammen mit dem Diakon der Gemeinde, Ewald Schrape, haben wir angefangen, mit diesen Jugendlichen Jugendarbeit zu machen, und haben als dritten Standort gemeindlicher Jugendarbeit in Markus im ehemaligen Luftschutzkeller des Gemeindehauses einen Jugendtreffpunkt aufgebaut.

Diese Jugendarbeit hatte mit der bürgerlichen Gemeinde zuerst wenig zu tun, wie das bei vielen Gemeinden damals war. Trotzdem ist es gelungen, bei einem großen Teil dieser Jugendlichen eine Bindung an die Gemeinde zu erzeugen. Noch heute kann man hören: Ja, das war für uns toll und wichtig und da haben wir Kirche kennengelernt.

Damals haben wir nicht vordergründig kirchliche Themen mit ihnen besprochen. Unser Ansatz war es, sie bei ihren Fragen anzusprechen. Themen wie Einsamkeit, Freundschaft, Liebe, Lebensgestaltung und -perspektive und natürlich immer wieder Drogen, zu dieser Zeit ein großes Problem, standen im Mittelpunkt. Wir haben auch Reisen und Fahrten angeboten und die Jugendlichen in die Friedensarbeit einbezogen. So haben wir versucht, ihnen das Gefühl zu geben, in dieser gemeindlichen Gemeinschaft eine (zweite) Heimat zu haben. Einige wären sonst wahrscheinlich in die rechte Szene abgewandert oder kriminell geworden.

1979 wurde Frau Michaelis als Nachfolgerin des früh verstorbenen Diakons Schrape für die Jugendarbeit an der Gemeinde eingestellt. Sie konzentrierte die damaligen drei Standorte der Jugendarbeit der Gemeinde auf einen Treffpunkt, und zwar auf den in der Liliencronstraße, und baute dort ambitioniert eine offene Jugendarbeit auf.

Natürlich war für uns der emanzipatorische Ansatz damals wichtig. Das hat sich zu der Zeit fast jeder auf die Fahne geschrieben, dass er die Jugendlichen zur Selbstständigkeit und auch zu politischem Bewusstsein bringen wollte. Das Ziel ist ja teilweise auch geglückt. Es war uns wichtig, den Jugendlichen Halt zu geben. Wir haben viel mit ihnen unternommen, haben zum Beispiel Langlaufski-Reisen mit ihnen gemacht. Das war ein unglaubliches Gruppenerlebnis und hat den Zusammenhalt sehr gestärkt. Aber auch andere Fahrten (z.B. Kirchentag, Zeltlager usw.) und sehr viele Wochenendfreizeiten gehörten dazu. Es war feste Tradition, dass die Jugendlichen in den Mitternachtsgottesdienst am Heiligabend, den ich von Pfarrer Westendorf übernommen hatte, kamen und sich anschließend im Jugendheim noch einen Punsch machten und zusammen saßen – und das noch jahrelang.

Hauptquelle für unsere gemeindliche Jugendarbeit war der Konfirmandenunterricht. Weil es im Mittelstufenzentrum auch Nachmittagsunterricht gab, habe ich zusammen mit der Katechetin Gabriele Holland ein spezielles Konzept für den Konfirmandenunterricht dieser Schüler entwickelt, mit dem wir sie auch für die Jugendarbeit der Markusgemeinde gewinnen konnten. Das ganze Team der Religionslehrer und Katecheten im Mittelstufenzentrum hat dabei mitgemacht. Darüber hat übrigens auch Herr Naujeck den Weg in unsere Gemeinde gefunden. Eine gewisse Zeitlang habe ich mit Pfarrer Rößner und Pfarrerin Kahl-Passoth den Konfirmandenunterricht der Gemeinde insgesamt gemeinsam pädagogisch konzipiert. Wir waren mit allen Team-Leuten auf großen Konfirmandenfahrten mit achtzig bis neunzig Konfirmanden.